Das gute Wetter hält an und guter Dinge mache ich mich recht früh auf den Weg. Die heutige Etappe verläuft zumeist über geteerte Straßen. Der Gavia Pass liegt an. Von ca. 1.300 m geht es hinauf auf 2.630 m. Während der ersten Meter kommen mir schon die ersten Rennradfahrer entgegen. Ich frage mich, wann die schon aufgebrochen sind. Deren Tempo ist ganz schön hoch. Ich finde mein Tempo für den Aufstieg und muss ab und an mal kurz absteigen, weil so einige Gliedmaßen einschlafen. Unangenehm. Auf der Passhöhe findet sich eine Hütte. Ich kehre ein und sehe an der Wand einen Zeitungsausschnitt, der den Juli 1988 beschreibt, als eine Etappe des Giro d‘Italia dort oben endete. Das Foto zeigt den dramatischen Wintereinbruch und einen vereisten Radrennfahrer. Ich freue mich, dass es heute warm ist! Bei der Abfahrt zeugen die Beschriftungen auf der Straße von großen Radrennen. Ich habe die Möglichkeit der alten Straße am Tunnel vorbei zu folgen. Endlich mal Ruhe, kein Verkehr, nur ein paar verrückte Endurofahrer. Zeit, die grandiose Landschaft aufzusaugen. Weite und Große der Berge lassen mich als Mensch sehr klein erscheinen. Ich werde immer ruhiger und gelassener, es ist ein gutes Gefühl. Und weiter geht‘s. Unten in Ponte die Legno finde ich mein Hotel zunächst nicht. Die Wirtin spricht nur sehr schlecht Englisch und kein Deutsch und meint „Si Passo Tonale!“. Irgendwie bin ich mir sicher, dass Sie mich falsch verstanden hat und das Hotel nicht dort oben ist. Ich fahre aber trotzdem den Pass hinauf und ich fühle mich richtig gut. Jetzt möchte ich doch mal sehen, was geht.  Oben angekommen bestätigt sich meine Vermutung, dass das Hotel hier nicht ist. Aber egal, ich habe heute 2.000 Höhenmeter zusammen und ich fühle mich gut. Nie zuvor hätte ich mir das zugetraut. Nach etwas Suchen finde ich auch eine Unterkunft mit Restaurant. Gar nicht so einfach, denn Passso Tonnale ist ein typischer Wintersportort. Hässliche Bausünden verschandeln die ansonsten tolle Landschaft. In dieser Nach schlafe ich tief und fest.